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Anna, warum reist du?

An meine erste Urlaubsreise kann ich mich nicht erinnern. Ich war acht Monate alt, als meine Eltern mich zum ersten Mal mit nach Griechenland nahmen. Mit einem dunkelblauen VW Passat und Campingausrüstung fuhren wir von Mittelhessen durch das damalige Jugoslawien auf den Peloponnes.

Ich habe auf Sardinien laufen gelernt und im Mittelmeer meine ersten Schwimmversuche unternommen. Meine Eltern haben mir früh gezeigt, dass die Welt größer ist als bis zum nächsten Ort. Das Reisen war für mich schon immer äußerst spannend – und eines der normalsten Dinge der Welt.

Ich habe mich nie gefragt, warum ich reise. Bis mir diese Frage vor einer Weile zufällig über den Weg lief und mich ins Grübeln brachte. Denn das ist weder einfach noch schnell erklärt.

Ich reise, weil ich hin und wieder über Grenzen treten muss, bildlich und sinnbildlich. Ich möchte nicht nur Landesgrenzen überwinden. Das Reisen ermöglicht es mir auch, über die Grenzen meiner Komfortzone zu treten. Ich bin einer der Menschen, die sich immer fragen, wie es hinter der nächsten Kurve aussieht. Ich muss Neues sehen, fremde Sprachen sprechen, Essen kosten, das ich nicht kenne und von Zeit zu Zeit meine Gewohnheiten hinter mir lassen.

Reisen ist nicht immer einfach. Einen Tag auf Reisen kann man nicht planen wie einen normalen Tag. Auf Reisen passieren viele unvorhergesehene Dinge. Das unterscheidet das Reisen vom Urlaub. Wer Urlaub macht, will entspannen, aber bitte mit Frühstücksei und Sportschau. Wer reist, lässt Fremdes so auf sich wirken, dass es ihn selbst verändert.

Reisen ist Freiheit und Unverbindlichkeit. Ich muss mich nicht nach der Uhr richten. Ich habe keine Termine und keinen Stress. Ich kann machen, was ich möchte und bleiben, wo es mir gefällt. Ich kann mich treiben lassen.

Ich mag es, fremde Kulturen und Orte zu erkunden, das Bekannte im Fremden zu entdecken und das Fremde im Bekannten. Ich mag die Anonymität fremder Orte und zu erleben, wie sie mal schnell, mal langsam zu Vertrauten werden.

Ich bin wahnsinnig gerne an der frischen Luft. Doch wie oft ich es mir auch vornehme: zu Hause komme ich nicht so oft raus, wie ich mir das wünsche. Dabei würde ich doch so gerne ganze Tage einfach draußen verbringen. Ich muss von Zeit zu Zeit wandern oder zelten gehen, sonst fällt mir die Decke auf den Kopf. In der Natur werde ich kreativ.

Auf Reisen komme ich gar nicht erst in Versuchung, abends den Fernseher einzuschalten. Weil ich mich lieber nach draußen setze und alles aufsauge, was da passiert, und Notizen dazu in meinem Notizbuch mache.

Ich mag es, weite Landschaften, Felsen, Berge, Wüsten und Meere zu sehen oder zu durchqueren und dadurch zu erfahren, wie klein und unbedeutend ich bin. Das beruhigt mich ungemein. Ich mag es, zu sehen wie an anderen Orten die Sonne auf und unter geht. Das erdet mich. Das ist verbindlich.

Ich mag es, einfach nur unterwegs zu sein, weil ich meine Gedanken am besten sortieren kann, wenn die Welt um mich herum sich in gleichmäßiger Geschwindigkeit bewegt. Ich kann mich zum Beispiel in einem Zug ganz wunderbar konzentrieren, weil die einzige Ablenkung die Landschaft ist, die an mir vorbeizieht.

Ich mag es, dass ich auch nach unglaublich vielen Reisen immer noch Begeisterung fürs Reisen aufbringen kann und dass keine Reise wie die andere ist. Ich mag, dass es immer Orte geben wird, die ich noch nie besucht habe. Es glaubt mir nie jemand, aber ich war zum Beispiel noch nie in New York.

Warum reist du?

Hast du vielleicht noch ganz andere Gründe, die dich dazu bewegen, zu reisen? Sag mir, warum du reist. Ich freue mich riesig über deinen Kommentar! Oder schick mir ein Bild per Email, das zeigt, warum du reist. Die schönsten Bilder veröffentliche ich auf Facebook.

Das Bild zu diesem Artikel ist im Hawaii Volcanoes National Park entstanden – einem Ort, an dem ich mich so klein gefühlt habe wie selten zuvor. Dort kann man quasi dabei zusehen, wie die Erde sich verändert. Der im Park befindliche Kilauea-Vulkan bricht seit 1983 unablässig aus und hat das Aussehen von Hawai’i Island seitdem immer wieder verändert. Mehr zum Park und zu Hawaii findest du in diesem Artikel: Individuell nach Hawaii. Dein Guide für den perfekten Urlaub.

In Kategorie: Reisegedanken

Über den Autor

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Anna liebt das Geräusch von Regen auf einem Zeltdach, Gespräche am Lagerfeuer und Nordamerika. Sie würde einen spontanen Roadtrip jederzeit einem Tag am Pool vorziehen und ist am liebsten draußen - zum Wandern, Surfen oder Snowboarden.

5 Kommentare

  1. Michael Heiderich

    Hallo Anna

    Dein Blogeintrag bzw. Artikel in der AZ war (wieder einmal) erfrischend, nachdenklich und…lustig. „Lustig“, weil mir ebenfalls aufgefallen ist, dass meine Frau und ich nach bisher 16 USA Reisen „noch niemals in New York“ waren…. es gibt in den USA soviele grandiose Landschaften, Nationalparks, Flora und Fauna, da muss es wirklich nicht unbedingt „New York“ sein.

    Liebe Grüße
    M.Heiderich, Lörzweiler

    • Hallo Michael, vielen Dank dafür 🙂 Ja, die USA sind wirklich ein großartiges Reiseland, da stimme ich dir absolut zu. Wobei ich doch schon recht lange von New York träume. Dass die Stadt mir ganz egal ist, kann ich nicht behaupten. Aber ganz oben auf der Wunschliste steht sie eben auch nicht. Mal sehen, ob ich irgendwann hin reise. Manchmal kommt sowas dann ja doch schneller als man denkt 😉

  2. Judith

    Ich finde es total spannend, dass du zwischen Urlaub und Reisen unterscheidest. Ich glaube ich bin bisher an jede Reise mit dem Anspruch rangegangen, dass es ein Urlaub sein muss… Was – nachdem ich deinen Text gelesen habe – totaler Quatsch ist, merke ich jetzt. Vielen Dank für den Gedankenimpuls!

    • Hallo Judith 🙂

      Aber gerne doch! Und danke für deinen Kommentar. Totaler Quatsch ist das auch nicht. Eher eine Sache der Definition. Tatsächlich ist es gar nicht so einfach zu definieren. Für mich gibt es da allein deshalb schon einen Riesenunterschied, weil ich so oft beruflich reise – aber halt eben doch mit dem Ziel, später über die Reise zu schreiben.

      Es gibt eine sehr lange Tradition von Touristenbashing, die unter anderem von der Kulturwissenschaft untersucht wird. Daher kommen auch diese Abgrenzungsversuche Urlaub vs. Reisen, bzw. Reisender vs. Tourist (ich hab mich im Studium ziemlich ausführlich damit auseinander gesetzt…) Wenn es dich interessiert, ich hab vor längerer Zeit schonmal ausführlicher über das Thema geschrieben: Bist du Tourist oder reist du schon?

      Liebe Grüße!
      Anna

      • Judith

        Sehr spannend! Ich hab wirklich noch nie über das Thema nachgedacht… Wenn es so läuft, wie in der Mode, ist Pauschaltourismus bestimmt irgendwann wieder der „heiße Scheiß“ 😉

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